aktualisiert: 20.1.2006
Makuladystrophie unklarer Zuordnung
- Heterogene Gruppe von Patienten, bei denen eine eindeutige Zuordnung zu einer spezifischen Makuladystrophie nicht möglich ist. Dies betrifft ungefähr ein Drittel aller Patienten mit Makuladystrophien.
- Eine Differenzialdiagnose ist schwierig insbesondere in Frühstadien und bei Einzelfällen
- Es ist empfehlenswert, alle nicht eindeutig zu klassifizierenden Krankheitsbildern als unklare Makuladystrophie zu bezeichnen, anstatt eine spezifische Verdachtsdiagnose zu stellen. Letztere hat eindeutige Konsequenzen für die Beratung über den Verlauf und den Erbgang
zum Seitenanfang
M. Stargardt
Einige Autoren grenzen vom Befundkomplex M. Stargardt mit Fundus flavimaculatus eine progressive atrophische Makuladystrophie (M. Stargardt ohne Fundus flavimaculatus) sowie einen Fundus flavimaculatus ohne Makuladystrophie ab. Diese Einteilung ist molekulargenetisch nicht sinnvoll.
- Synonym: Fundus flavimaculatus
- Englisch: Stargardt disease
- Häufigkeit: häufig
- Genetik:
- Autosomal rezessiv (häufig): Mutationen im ABCA4-Gen (früher ABCR-Gen, STGD1)
- Autosomal dominant (sehr selten): Mutationen im ELOVL4-Gen (früher: STGD3, umfaßt auch STGD2), weitere chromosomale Genlokalisationen: STGD4
- Mutationen im ABCA4-Gen können möglicherweise die Schwere der Krankheitsausprägung bei Mutationen im ELOVL4-Gen erhöhen
- Symptomatik:
- Beginn meist in den ersten zwei Lebensdekaden mit bilateralen, in einigen Fällen innerhalb weniger Monate rasch progredienten Visusverlust
- Nach initialer Visusminderung weiterer Verlauf in der Regel wenig progredient
- Spätere Manifestationen mit langsamerer Progression nicht selten
- Morphologie:
- Ophthalmoskopie:
- Im Frühstadium nur eine Veränderung der Foveolarreflexe
- Im Verlauf zentrale Pigmentepitheldestruktionen bis hin zur Schießscheibenmakulopathie
- In Spätstadien ausgeprägte Pigmentepitheldefekte oder geographische Atrophien
- Gelbliche, unscharf begrenzte und unregelmäßige Flecken (Fundus flavimaculatus) bestehen in sehr variabler Ausprägung, diese verändern sich in Lage, Form und Ausprägung im Verlauf
- Entwicklung einer choroidalen Neovaskularisation in Spätstadien möglich
- Fundusautofluoreszenz:
- Fleckförmige Veränderungen besser als klinisch nachweisbar
- Oft erhöhte Autofluoreszenz, jedoch sehr variable Befunde
- Fluorescein-Angiografie:
- früh zentrale Hyperfluoreszenzen und häufig fehlende Aderhautfluoreszenz am hinteren Pol (dark choroid). Die gelblichen Flecken zeigen entweder keine oder eine irreguläre Fluoreszenz.
- Notwendig bei Verdacht auf eine choroidale Neovaskularisation
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: progrediente Reduktion auf ca. 0,1
- Farbensehen: ausgeprägte unspezifische Störungen
- Gesichtsfeld: relative oder absolute zentrale Skotome, peripher normal
- Ganzfeld-ERG: in der Regel normal oder nur gering verändert
- Multifokales ERG: schon im Frühstadium zentrale Amplitudenreduktionen ohne wesentliche Gipfelzeitveränderungen. Dies ist von Bedeutung, weil bei Kindern ohne oder mit sehr geringen morphologischen Veränderungen die Gefahr besteht, eine psychogene Sehstörung zu diagnostizieren.
- EOG: normaler oder leicht reduzierter Hellanstieg
- Adaptometrie: in der Regel normal
- Histologie:
- Diffuse Einlagerung abnormalen Lipofuszins in des retinale Pigmentepithel, fokale Hypertrophie von Pigmentepithelzellen, zentraler Verlust von Pigmentepithelzellen und Photorezeptoren
- Therapie:
- Keine kausale Therapie
- Vermeidung übermässiger Vitamin A Zufuhr (keine Vitamin A haltigen Nahrungsergänzungsmittel)
- Abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
- Bei choroidaler Neovaskularisation entsprechend der Lage Therapie mit Laser, photodynamischer Therapie oder Anti-VEGF-Medikementen intravitreal
- Besonderheiten:
- Es ist in der Literatur umstritten, ob der dark choroid Voraussetzung für die Diagnose eines M. Stargardt ist. Fehlende Aderhautfluoreszenz wurde auch bei anderen Netzhaut-Aderhautdystrophien beschrieben. Diese Frage wird sich nur in großen klinisch-molekulargenetischen Analysen klären lassen.
- Ein Fundus flavimaculatus kann auch ohne Funktionsstörungen über viele Jahre sichtbar sein
- Abhängig von der Art der Mutationen in den beiden Allelen des ABCA4-Gens ist die Ausprägung der Funktionsstörung variabel, in schweren Fällen können klinische und funktionelle Veränderungen wie bei Zapfen-Stäbchendystrophie oder Retinitis pigmentosa auftreten. Dabei führen zwei Mutationen mit schwerer Funktionsbeeinträchtigung des Genprodukts zu einer Retinitis pigmentosa (ca. 2% aller Retinitis pigmentosa Fälle), eine schwere und eine leichtere Mutation zu einer Zapfen-Stäbchendystrophie (wahrscheinlich häufigste Ursache der autosomal rezessiven Zapfen-Stäbchendystrophie). Zwei Mutationen mit mäßiger Funktionsbeeinträchtigung der Genprodukte induzieren einen M. Stargardt. Fließende Übergänge zwischen allen klinischen Manifestationen sind möglich. Nicht abschliessend geklärt ist, ob heterozygote Träger bestimmter ABCA4-Gen-Mutationen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer altersabhängigen Makuladegeneration haben.
- Eine wichtige Differenzialdiagnose mit vergleichbaren Fundusveränderungen und funktionellen Störungen ist der juvenile Typ der neuronalen Ceroid-Lipofuszinose (Spielmeyer-Vogt-Sjögren oder Batten-Mayou). Bei diesem Typ der neuronalen Ceroid-Lipofuszinosen gehen die okulären Symptome im Alter von ca. 6 Jahren den neurologischen Veränderungen voraus. Das ERG ist reduziert im Gegensatz zum M. Stargardt.
zum Seitenanfang
M. Best
- Synonym: vitelliforme Makuladystrophie
- Englisch: Best disease, vitelliform macular dystrophy
- Häufigkeit: relativ häufig
- Genetik:
- Autosomal dominant, variable Penetranz: Mutationen im VMD2-Gen
- Symptomatik:
- Manifestation zwischen der 1. Lebenswoche und der 6. Lebensdekade möglich
- Visusminderung in der Regel in den ersten beiden Lebensdekaden
- Morphologie:
- Ophthalmoskopie:
- Im Frühstadium Eidotter-ähnliche, runde, gelbliche, scharf begrenzte (vitelliforme) zentrale subretinale Läsion
- Im Verlauf Verflüssigung der gelblichen Substanz mit einer Spiegelbildung in der Läsion (Pseudohypopyon, vitelliruptive Läsion)
- Später multiple gelbliche Ablagerungen in der Läsion (Rührei-Stadium)
- Im Spätstadium ausgeprägte atrophische Veränderungen mit weitgehendem Abbau des gelblichen Materials. Entstehung choroidaler Neovaskularisationen möglich. In späten Stadien sind selten musterähnliche Pigmentepithelveränderungen ähnlich wie bei Musterdystrophie beobachtet worden
- In einigen Fällen multiple vitelliforme Läsionen am hinteren Pol
- Fundusautofluoreszenz:
- stark erhöhte Autofluoreszenz im Bereich des gelblichen Materials
- reduzierte Autofluoreszenz in atrophischen Arealen
- Fluorescein-Angiografie:
- vitelliforme Läsionen blockieren vollständig die Aderhautfluoreszenz, vitelliruptive Läsionen zeigen frühe Hyperfluoreszenz in den Arealen, in denen das gelbliche Material fehlt.
- Notwendig bei Verdacht auf chorodiale Neovaskularisation
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: normal oder variabel reduziert
- Farbensehen: mäßige unspezifische Störungen
- Gesichtsfeld: normal oder relative, später absolute zentrale Skotome, peripher normal
- Ganzfeld-ERG: normal
- Multifokales ERG: meist zentrale Amplitudenreduktionen, in Frühstadien manchmal normal
- EOG: in der Regel deutlich reduzierter oder fehlender Hellanstieg. In seltenen Fällen kann das EOG normal sein
- Adaptometrie: normal
- Histologie:
- Abnormale Akkumulation von Lipofuszingranula im retinalen Pigmentepithel
- Therapie:
- Keine kausale Therapie
- Abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
- Bei choroidaler Neovaskularisation entsprechend der Lage Therapie mit Laser, photodynamischer Therapie oder Anti-VEGF-Medikamenten intravitreal
- Besonderheiten:
- Bei bekannter Familienanamnese und normalem Fundus liegt bei reduziertem Hellanstieg im EOG ein M. Best ohne klinische Manifestation vor, wobei über einen möglichen späteren Erkrankungsbeginn keine Aussage getroffen werden kann
- Bei normalem Hellanstieg im EOG kann ein M. Best weitgehend ausgeschlossen werden
- Bei atrophischen Spätstadien kann eine Abgrenzung zur altersabhängigen Makuladegeneration ohne Familienanamnese oder EOG schwierig sein.
zum Seitenanfang
Adulte vitelliforme Makuladystrophie (AVMD)
Sie ist die häufigste Makuladystrophie des Erwachsenen, von einigen Autoren wird sie zu den im übrigen seltenen Musterdystrophien gerechnet. Im Gegensatz zum M. Best sind die Läsionen kleiner und das EOG ist in der Regel normal.
- Englisch: adult vitelliform macular dystrophy
- Häufigkeit: häufig
- Genetik:
- Autosomal dominant, variable Expression: Mutationen im Peripherin- (RDS) Gen; selten im VMD2-Gen
- Symptomatik:
- Beginn meist in der 4. Lebensdekade
- In der Regel langsame Progression, Arbeitsfähigkeit meist lange erhalten
- Meist sehr geringe subjektive Beschwerden (Lesestörungen, Metamorphopsien)
- Morphologie:
- Ophthalmoskopie:
- In der Fovea kleine gelbliche Läsion (ca. 1/3 Papillendurchmesser, d.h. kleiner als beim M. Best)
- Selten Entstehung choroidaler Neovaskularisationen oder ausgeprägter Dystrophie am hinteren Pol
- Fundusautofluoreszenz: meist erhöhte Fluoreszenz in der Läsion entsprechend einem verstärkten Lipofuszingehalts
- Fluorescein-Angiografie: zentrale Blockade mit umgebender Hyperfluoreszenz
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: variabel reduziert
- Farbensehen: variable unspezifische Störungen
- Gesichtsfeld: relative Zentralskotome, peripher normal
- Ganzfeld-ERG: in der Regel normal, selten subnormal
- Multifokales ERG: zentrale Amplitudenreduktion, manchmal normal
- EOG: in der Regel normal, selten subnormal
- Adaptometrie: normal
- Histologie:
- Fokaler fovealer Photorezeptor- und Pigmentepithelverlust mit Ansammlung von Pigment und eosinophilem, PAS-positiven Material
- Therapie:
- Keine kausale Therapie
- Abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
- Besonderheiten:
- Subjektive Beschwerden, ophthalmoskopische und funktionelle Befunde sind variabel und häufig asymmetrisch. Aufgrund variabler Ausprägung und geringer Beschwerden häufig normale Familienanamnese, zur Beratung Untersuchung von Familienmitgliedern sinnvoll
zum Seitenanfang
Kongenitale x-chromosomale Retinoschisis
Obwohl sich bei der x-chromosomalen kongenitalen Retinoschisis in 50% der Patienten auch periphere Netzhautveränderungen finden, sind für die funktionelle Beeinträchtigung und die Differentialdiagnose die Makulaveränderungen von entscheidender Bedeutung.
- Synonym: juvenile Retinoschisis
- Englisch: X-linked (congenital) retinoschisis
- Häufigkeit: relativ häufig
- Genetik:
- X-chromosomal: Mutationen im RS1-Gen
- Symptomatik:
- Kongenitale, nicht progrediente, beidseitige Visusminderung
- Häufige Ursache für stationäre Visusminderung, die sich unter Okklusionsbehandlung nicht bessert
- Akute Verschlechterung durch Glaskörperblutungen selten
- Im höheren Alter kommt es zu einer langsamen weiteren Visusminderung
- Hyperopie häufig
- Morphologie:
- Ophthalmoskopie:
- Zentrale Retinoschisis mit feinen radiären Falten (genaue Biomikroskopie erforderlich, da die Ausprägung teilweise sehr dezent ist)
- Bei Erwachsenen (>30 Jahren) meist keine zentrale Retinoschisis mehr nachweisbar, nur unspezifische Pigmentepitheldefekte
- Periphere Retinoschisis in 40-50%, meist temporal unten, selten mit Einbeziehung der Fovea, selten progredient
- Bei ausgedehnten Innenschichtforamina freistehende Netzhautgefäße im Glaskörperraum
- Sehr selten: Glaskörperblutung, Netzhautablösung, goldener Reflex mit Mizou-Phänomen
- Fundusautofluoreszenz: In einigen Fällen ist eine Art sternförmige Aufhellung der zentralen Autofluoreszenz zu erkennen
- Fluorescein-Angiografie: keine Leckage (Differenzialdiagnose zu zystoidem Makulaödem)
- Optische Kohärenztomografie: Die Darstellung der zentralen Retinoschisis ist auch bei dezenten Veränderungen gut möglich.
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: im Mittel auf 0,2 reduziert, kann in Einzelfällen normal sein
- Farbensehen: mäßige unspezifische Störungen
- Gesichtsfeld: relatives Zentralskotom, periphere Einschränkung korrelierend zur peripheren Retinoschisis
- Ganzfeld-ERG: ausgeprägte B-Wellenreduktion (negatives ERG), reduzierte zapfenabhängige Reizantworten
- Multifokales ERG: oft zentrale Amplitudenreduktion
- EOG: in der Regel normal
- Adaptometrie: normal oder gering verändert
- Histologie:
- Spaltung in der Nervenfaserschicht ist Ursache der peripheren Retinoschisis
- Therapie:
- Keine kausale Therapie
- Abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
- Prophylaktische Laserkoagulationen der peripheren Retinoschisis sind kontraindiziert (Ablatiorisiko)
- Glaskörperblutungen resorbieren sich in der Regel spontan.
- Vitreoretinale Chirurgie bei Netzhautablösung oder lange persistierender Glaskörperblutung indiziert.
- Besonderheiten:
- Fehlende Nachtblindheit wichtig zur Abgrenzung von kongenitaler stationärer Nachtblindheit (wegen kongenitaler Visusminderung und Ähnlichkeit des ERGs; s. 10) und Goldmann-Favre-Syndrom (s. 7.).
- Weibliche Konduktorinnen können leichte ERG-Veränderungen zeigen; das ERG ist aber nicht zur eindeutigen Feststellung eines Konduktorinnen-Status geeignet.
- Autosomal rezessive und dominante Formen einer familiären Retinoschisis wurden nur in einzelnen Familien beschrieben. Bei diesen Formen ist das Ganzfeld-ERG normal.
zum Seitenanfang
Musterdystrophien des retinalen Pigmentepithels
Die Musterdystrophien des retinalen Pigmentepithels sind ophthalmoskopisch und genetisch eine heterogene Gruppe von Erkrankungen. Dazu gehören die schmetterlingsförmigen, makroretikulären oder multifokalen Musterdystrophien und der Fundus pulverulentus. Wegen der Ähnlichkeit des klinischen Verlaufs und weil verschiedene Formen innerhalb einer Familie beobachtet wurden, werden sie als Musterdystrophien zusammengefasst. Einige Autoren rechnen auch die adulte vitellfiorme Makuladystrophie zu den Musterdystrophien.
- Synonym: -
- Englisch: Pattern dystrophies
- Häufigkeit: selten
- Genetik:
- Autosomal dominant, variable Expression: Mutationen im Peripherin- (RDS) Gen
- Schmetterlingsförmige Musterdystrophie: Autosomal dominant: chromosomale Lokalisation: 5q21.2-q33.2
- Symptomatik:
- Beginn meist in der 4. Lebensdekade
- In der Regel langsame Progression, Arbeitsfähigkeit meist lange erhalten
- Meist sehr geringe subjektive Beschwerden (Lesestörungen, Metamorphopsien)
- Morphologie:
- Schmetterlingsförmige Musterdystrophie (selten): schmetterlingsförmige oder radspeichenartige Alterationen des retinalen Pigmentepithels.
Fluorescein-Angiografie: Blockade im Bereich der musterförmigen Pigmentierungen, umgebende Hyperfluoreszenz
- Makroretikuläre Dystrophie (extrem selten): netzartige Pigmentepithelalterationen von der Makula bis hin zur mittleren Peripherie
- Fundus pulverulentus (extrem selten): feine Pigmentverklumpungen in der Makula
- Selten Entstehung choroidaler Neovaskularisationen
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: variabel reduziert
- Farbensehen: variable unspezifische Störungen
- Gesichtsfeld: relative Zentralskotome, peripher normal
- Ganzfeld-ERG: in der Regel normal, selten subnormal
- Multifokales ERG: zentrale Amplitudenreduktion
- EOG: in der Regel normal, selten subnormal
- Adaptometrie: normal
- Therapie:
- Keine kausale Therapie
- Abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
- Besonderheiten:
- Subjektive Beschwerden, ophthalmoskopische und funktionelle Befunde sind variabel und häufig asymmetrisch. Aufgrund variabler Ausprägung und geringer Beschwerden häufig normale Familienanamnese, zur Beratung Untersuchung von Familienmitgliedern sinnvoll.
- Bei schmetterlingsförmigen Musterdystrophien muß differenzialdiagnostisch eine Makuladystrophie bei myotoner Dystrophie Steinert-Curshmann abgegrenzt werden
zum Seitenanfang
Zentrale areoläre Aderhautdystrophie
Die zentrale areoläre Aderhautdystrophie ist eine heterogene Gruppe von Erkrankungen mit ähnlichem morphologischem Befund.
- Synonym: -
- Englisch: Central areolar choroidal dystrophy (CACD)
- Häufigkeit: relativ häufig
- Genetik:
- Autosomal dominant: Mutationen im Peripherin- (RDS) Gen
- Autosomal dominant: weitere chromosomale Genlokalisation: CACD
- Einzelfälle
- Symptomatik:
- Langsamer Visusverlust und Leseschwierigkeiten im 2.- 4. Lebensjahrzehnt
- Morphologie:
- Ophthalmoskopie:
- Zunächst nur unspezifische Veränderungen des retinalen Pigmentepithels
- Später progredienter scharf begrenzte Atrophie von Choriokapillaris und retinalem Pigmentepithel
- Fluorescein-Angiografie: in Frühstadien Pigmentepitheldefekte, später Verlust der Aderhautfluoreszenz im Atrophieareal mit Hyperfluoreszenz an den Rändern
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: für Einzeloptotypen oft sehr gut, selbst wenn wegen der perifoveolären Läsionen keine Lesefähigkeit mehr besteht, in Spätstadien stärkere Reduktion
- Farbensehen: unspezifische Störungen variabler Ausprägung
- Gesichtsfeld: parazentrale oder zentrale Skotome, peripher normal
- Ganzfeld-ERG und EOG meist normal oder gering reduziert
- Adaptometrie: meist normal
- Histologie:
- Atrophie von Photorezeptoren, Pigmentepithel und Aderhaut nur im betroffenen Areal
- Therapie:
- Keine kausale Therapie
- Abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
- Besonderheiten:
- Vergleichbare atrophische Fundusveränderungen können auch in Spätstadien anderer Makuladystrophien und bei altersabhängiger Makuladegeneration auftreten
zum Seitenanfang
North Carolina Makuladystrophie
- Synonym: zentrale areoläre Pigmentepithel (CAPE) Dystrophie
- Englisch: North Carolina macular dystrophy, central areolar pigment epithelial (CAPE) dystrophy
- Häufigkeit: sehr selten
- Genetik:
- Autosomal dominant, variable Expression: chromosomale Genlokalisation: MCDR1 (gleiche Lokalisation wie progressive bifokale chorioretinale Atrophie)
- weitere chromosomale Genlokalisation: MCDR3
- Symptomatik:
- Visusminderung beginnt im frühen Kindesalter
- Endstadium meist in der späten Pubertät erreicht
- Morphologie:
- Ophthalmoskopie:
- Fundusveränderungen sehr variabel
- Milder Verlauf: feine Pigmentverschiebungen und drusen-ähnliche Ablagerungen
- Schwerer Verlauf: partielle oder ausgedehnte choroidale Atrophien am hinteren Pol
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: sehr variabel reduziert (ca. 0,1-0,5)
- Farbensehen: in der Regel normal
- Gesichtsfeld: relative bis absolute zentrale Skotome, peripher normal
- Ganzfeld-ERG und EOG in der Regel normal
- Multifokales ERG: in der Regel zentrale Amplitudenreduktion
- Therapie:
- Keine kausale Therapie
- Abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
- Besonderheiten:
- Ursprünglich in einer großen Familie irischer Abstammung in North Carolina beschrieben, wurde aber auch in anderen europäischen Familien beobachtet
zum Seitenanfang
Familiäre Drusen
- Synonyme: Malattia leventinese, Doynesche Honeycomb Drusen, Hutchinson-Tay Chorioiditis, Holthouse-Batten Chorioretinitis
- Englisch: Familial Drusen, Doyne`s Honeycomb drusen
- Häufigkeit: sehr selten
- Genetik:
- Autosomal dominant, variable Expression: Mutation im EFEMP1-Gen. Molekulargenetisch liegt bei allen bisher untersuchten Betroffenen die gleiche Mutation im EFEMP1-Gen (Arg345Trp) vor.
- Symptomatik:
- Langsame Visusminderung in der Regel nach dem 40. Lebensjahr
- Selten schwere Visusminderungen schon im Kindesalter
- Morphologie:
- Ab dem 3. Lebensjahrzehnt zahlreiche helle Drusen, teilweise in radiärer Anordnung am hinteren Augenpol
- Entstehung choroidaler Neovaskularisationen ist möglich
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: lange normal, später variabel reduziert
- Farbensehen: normal, später unspezifische Störungen variabler Ausprägung
- Gesichtsfeld: relative oder absolute zentrale Skotome, peripher normal
- Ganzfeld-ERG: normal, selten subnormal
- EOG: normal, selten subnormal
- Adaptometrie: in der Regel normal
- Histologie:
- Akkumulation hyalinen Materials im retinalen Pigmentepithel
- Therapie:
- Keine kausale Therapie
- Abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
- Bei choroidaler Neovaskularisation entsprechend der Lage Therapie mit Laser, photodynamischer Therapie oder Anti-VEGF-Medikementen intravitreal
- Besonderheiten:
- Die Differenzialdiagnose zu Drusen bei altersabhängiger Makuladegeneration bei älteren Patienten ist am einfachsten durch eine Untersuchung jüngerer Familienmitglieder zu stellen
zum Seitenanfang
Bietti`s kristalline Dystrophie, regionale Form
Bietti`s kristalline Dystrophie wird in eine regionale und generalisierte Form unterschieden, ohne das sicher ist, ob dies verschiedene Erkrankungen oder verschiedene Ausprägungen der gleichen Krankheit sind.
- Synonym: -
- Englisch: Bietti crystalline dystrophy
- Häufigkeit: extrem selten
- Genetik:
- Autosomal rezessiv: Mutationen im CYP4V2-Gen
- Symptomatik:
- Beginn in den mittleren Lebensdekaden mit Leseschwierigkeiten und einem progredienten Visusverlust
- Morphologie:
- Ophthalmoskopie
- Kristalline Ablagerungen insbesondere am hinteren Pol
- In Spätstadien Atrophie von Choriokapillaris und retinalem Pigmentepithel mit Rückbildung der kristallinen Ablagerungen
- Fluorescein-Angiografie: Pigmentepithel- und Choriokapillarisatrophie am hinteren Pol
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: progrediente Reduktion
- Farbensehen: unspezifische Störungen variabler Ausprägung
- Gesichtsfeld: perizentrale und zentrale Skotome, peripher normal
- Ganzfeld-ERG und EOG normal bis subnormal
- Therapie:
- Keine kausale Therapie
- Abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
- Besonderheiten:
- Kristalline Ablagerungen unklarer Zusammensetzung auch in der Hornhaut und in Leukozyten.
- Bessere Prognose als diffuse Form
zum Seitenanfang
Müller Zell Sheen Dystrophie
- Synonym: -
- Englisch: Müller Cell Sheen dystrophy
- Häufigkeit: extrem selten
- Genetik:
- Autosomal dominant: chromosomale Genlokalisation nicht bekannt
- Symptomatik:
- Nach dem 50. Lebensjahr
- Rasch progrediente Visusminderung beim Auftreten eines Makulaödems
- Morphologie:
- Ausgeprägte Faltenbildung der Membrana limitans interna insbesondere am hinteren Augenpol auch im asymptomatischen Stadium
- Makulaödem infolge von vaskulären Leckagen
- Ausbildung einer traktionsbedingten Retinoschisis möglich
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: nach Beginn der Symptomatik rasche Reduktion auf ca. 0,1 oder schlechter
- Farbensehen: nach Beginn der Symptomatik unspezifische Störungen
- Gesichtsfeld: relatives oder absolutes Zentralskotom
- Ganzfeld-ERG: bei fehlender Symptomatik normal, bei fortgeschrittener Erkrankung deutliche B-Wellenreduktion (negatives ERG)
- Histologie:
- Verdickung der inneren Grenzmembran
- Therapie:
- Keine kausale Therapie
- Abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
- Vitrektomie mit Peeling der inneren Grenzmembran war funktionell nicht erfolgreich
- Besonderheiten: -
zum Seitenanfang
Dominante zystoide Makuladystrophie
- Synonym: -
- Englisch: Dominant cystoid macular edema
- Häufigkeit: extrem selten
- Genetik:
- Autosomal dominant: chromosomale Genlokalisation: CYMD-Gen
- Symptomatik:
- Visusverlust in den ersten beiden Lebensdekaden
- Morphologie:
- Ophthalmoskopie:
- Zystoides Makulaödem ohne Hinweis auf entzündliches Geschehen
- Im Verlauf entstehen atrophische Veränderungen am hinteren Pol
- Fluorescein-Angiografie: darstellbares zystoides Ödem (Abgrenzung zur Retinoschisis)
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: im Mittel auf ca. 0,2 reduziert
- Farbensehen: unspezifische Störungen variabler Ausprägung
- Gesichtsfeld: relative oder absolute zentrale Skotome, peripher normal
- Ganzfeld-ERG: normal
- EOG: subnormal
- Therapie:
- Keine kausale Therapie
- Abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
- Besonderheiten:
- Abgrenzung zu zystoiden Makulaödemen aufgrund behandelbarer Ursachen (z.B. Uveitis)
- Zystoides Makulaödem bei Retinitis pigmentosa erst in Spätstadien, daher keine Verwechslungsgefahr
zum Seitenanfang
Fenestrated Sheen Makuladystrophie
- Synonym: -
- Englisch: Fenestrated sheen macular dystrophy
- Häufigkeit: extrem selten
- Genetik:
- Autosomal dominant: chromosomale Genlokalisation nicht bekannt
- Symptomatik:
- Visus meist normal bis in die 6. Lebensdekade.
- Morphologie:
- Gelblicher Schimmer mit kleinen rötlichen Fenestrierungen am hinteren Pol
- Im Verlauf langsame Entstehung einer Schießscheiben-Makulopathie
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: erst spät und dann mäßig reduziert
- Farbensehen: normal oder geringe unspezifische Störungen
- Gesichtsfeld: normal oder geringe Sensitivitätsminderung
- Ganzfeld-ERG: normal oder mäßig reduzierte stäbchen- und zapfenabhängige Reizantworten
- EOG: erst in höherem Alter subnormal
- Therapie:
- Keine kausale Therapie
- Abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
- Besonderheiten:
- Als Ursache wurde eine Veränderung des makulären Xantophylls postuliert
zum Seitenanfang
Helicoide peripapilläre chorioretinale Dystrophie
- Englisch: Helicoidal peripapillary chorioretinal dystrophy
- Synonym: Atrophia areata
- Häufigkeit: extrem selten
- Genetik:
- Autosomal dominant: Mutationen im TEAD-Gen
- Symptomatik:
- Beginn in der 2. Lebensdekade
- Visusminderung wenn Makula betroffen
- Myopie und Astigmatismus häufig
- Morphologie:
- Ophthalmoskopie: Radiär von der Papille ausstrahlende Zonen vollständiger vaskulärer Aderhautatrophien
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: variabel abhängig von der Einbeziehung der Fovea in die Atrophiezone, in der Spätphase stark reduziert
- Gesichtsfeld: parazentrale oder zentrale Skotome korrespondierend zum klinischen Bild
- Therapie:
- Keine kausale Therapie
- Abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
- Besonderheiten:
- Keine Entzündungszeichen und kein Ödem, dadurch Abgrenzung zur Choroiditis serpiginosa (diese ist wahrscheinlich häufiger)
zum Seitenanfang
Retikuläre Dystrophie (Sjögren)
- Synonym: -
- Englisch: Reticular dystrophy (Sjögren)
- Häufigkeit: extrem selten
- Genetik:
- Autosomal rezessiv: chromosomale Genlokalisation nicht bekannt
- Symptomatik:
- Geringe Funktionsstörungen
- Stärkere Visusminderung bei Entwicklung choroidaler Neovaskularisationen
- Morphologie:
- Ophthalmoskopie:
- Dunkle Pigmentierung im Bereich der Fovea
- Ausgeprägte netzartige Pigmentierung im Pigmentepithelniveau am hinteren Pol bis in die mittlere Peripherie
- Entwicklung choroidaler Neovaskularisationen möglich
- Fluorescein-Angiografie: Blockade im Bereich der Pigmentierungen, sonst relative Hyperfluoreszenz
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: in der Regel nur wenig reduziert, außer bei Entstehung einer choroidalen Neovaskularisationen
- Farbensehen, Gesichtsfeld und Ganzfeld-ERG sind normal
- EOG: normal bis subnormal
- Therapie:
- Keine kausale Therapie
- Abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
zum Seitenanfang
Familiäre foveale Retinoschisis
- Synonym: -
- Englisch: Familial foveal retinoschisis
- Häufigkeit: extrem selten
- Genetik:
- Autosomal rezessiv: chromosomale Genlokalisation nicht bekannt
- Symptomatik:
- Mäßige Visusminderung
- Geringe Progredienz
- Morphologie:
- Foveale Retinoschisis
- Keine periphere Retinoschisis
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: ca. 0,5-0,8
- Farbensehen: Tritanstörung
- Gesichtsfeld: relative zentrale Skotome
- Ganzfeld-ERG und EOG normal
- Adaptometrie: subnormal
- Therapie:
- Besonderheiten:
- Abzugrenzen sind die wesentlich häufigere x-chromosomale Retinoschisis sowie autosomal dominant vererbte Formen mit vorwiegend peripherer Retinoschisis.
zum Seitenanfang
Autosomal dominante Vitreoretinochoroidopathie (ADVIRC)
- Synonym: -
- Englisch: Autosomal dominant vitreoretinochoroidopathy (ADVIRC)
- Häufigkeit: extrem selten
- Genetik:
- Autosomal dominant: Mutationen im VMD2-Gen, mindestens eine weitere Genlokalisation existiert
- Symptomatik:
- die Erkrankung beginnt in der frühen Kindheit, ist jedoch nicht progredient: daher oft keine subjektiven Beschwerden
- Gesichtsfeldeinschränkungen können auffallen, wenn die Veränderungen weit nach zentral reichen
- Visusminderung nur beim Auftreten exsudativer Veränderungen.
- Morphologie:
- Ophthalmoskopie:
- Zirkuläre periphere chorioretinale Dystrophien, nur selten zentral über den Äquator hinausreichend
- Scharfe Demarkation zwischen betroffener und nicht betroffener Netzhaut
- Vor den betroffenen Netzhautarealen finden sich häufig vitreale Trübungen
- Sekundäre exsudative Vaskulopathie am hinteren Pol möglich
- Teilweise Augenentwicklungsstörungen (Nanophthalmus)
- Fluorescein-Angiografie: Bei Vaskulopathie Darstellung von Gefäßveränderungen und ggf. eines zystoiden Makulaödems
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: normal bis mäßig reduziert
- Farbensehen: normal oder mäßige unspezifische Störungen
- Gesichtsfeld: konzentrische Einengung korrelierend zu den retinalen Veränderungen
- Ganzfeld-ERG im unteren Normbereich oder pathologisch abhängig vom Ausmaß der retinalen Veränderungen
- EOG reduziert in Familien mit VMD2-Mutation, normal wenn keine Mutation im VMD2-Gen nachweisbar
- Histologie:
- Identische degenerative Veränderungen der betroffenen Netzhaut bei einer 26- und 88-jährigen Patientin, die nicht betroffenen Netzhautareale waren in beiden Fällen altersentsprechend normal
- Therapie:
- Keine kausale Therapie
- Bei zystoidem Makulaödem Therapiversuch mit Acetazolamid oder Dorzolamid
zum Seitenanfang