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Hereditäre Netzhautdystrophien

Einführung, Spezifische Informationen und Differenzialdiagnose

  1. Anatomie und Physiologie der Netzhaut und Aderhaut
  2. Pathophysiologie der Netzhaut und Aderhaut
  3. Pathophysiologie: Genetische Grundlagen

    • Die meisten hereditären Netzhautdystrophien sind monogene Erkrankungen. Dies bedeutet, dass Mutationen in einem Gen zur Erkrankung führt. Eine digenische Vererbung (mit Mutationen in zwei verschiedenen Genen) sind bisher nur selten nachgewiesen. Bei multigenen Erkrankungen sind verschiedene Gene an der Entwicklung einer Krankheistdisposition beteiligt (z.B. altersabhängige Makuladegeneration)
    • Bis heute wurden 139 chromosomale Genlokalisationen mit Netzhautdystrophien assoziiert und davon 90 Gene geklont. Es ist davon auszugehen, dass noch weitere Genorte gefunden werden. Für eine Reihe von Genen ist die Funktion der Genprodukte innerhalb der Netzhaut bisher nicht bekannt.
    • In den meisten dieser Gene sind mehrere ursächliche Mutationen (z.B. Rhodopsin > 100 Mutationen) entdeckt worden.
    • Bei autosomal rezessiver oder x-chromosomaler Vererbung bedingt die fehlerhafte Funktion eines spezifischen Genprodukts bei den Homozygoten die Entwicklung der Dystrophie. Im Gegensatz dazu verursacht bei autosomal dominanter Vererbung das Vorhandensein eines pathologischen Genprodukts die Erkrankung.
    • Mutationen in diesen Genen führen zu herabgesetzter oder fehlender Funktion von Proteinen, die für Funktionsabläufe oder Strukturen in der Netzhaut oder im RPE wesentlich sind. Dazu gehören Strukturproteine, die für die Zellstruktur oder die interzelluläre Stabilität verantwortlich sind (z.B. Peripherin, Usher-Gene). Andere Mutationen betreffen Proteine der intrazellulären Transduktionskaskade (z.B. Transducin, Arrestin) oder Membrankanäle für den Ionenaustausch mit dem Extrazellulärraum (z.B. CNGA3, CNGB3). Weitere Proteine sind für den Substrattransport zwischen Netzhaut und RPE (z.B. ABCA4) oder für die Umwandlung von Substraten im RPE (z.B. RPE65) notwendig. Eine Beeinträchtigung von Proteinen, die an der Netzhautentwicklung beteiligt sind (z.B. CRB1), führt zu schweren angeborenen Funktionsstörungen.
    • Der Schweregrad der Beeinträchtigung der Proteinfunktion bestimmt mit die Ausprägung und den Zeitpunkt der Manifestation einer Erkrankung. Je geringer die Veränderung, um so milder wird eine Erkrankung verlaufen und um so später beginnen.
    • Die fehlenden oder veränderten Genprodukte führen zu einer Störung der normalen Zellphysiologie. Während die initialen Störungen von der Bedeutung der jeweiligen Genprodukte für die Zellfunktion abhängen, ist die Endphase bei vielen Erkrankungen ähnlich: Es kommt zu einem Absterben der betroffenen Zellen durch Apoptose. Dieser genetisch programmierte Zelltod wird offenbar durch unterschiedliche funktionelle Störungen der Zellphysiologie initiiert.
    • Die Auswirkung spezifischer Mutationen auf die Netzhautfunktion hängt von den physiologischen Aufgaben der Genprodukte ab. Dabei können unter Umständen verschiedene Mutationen in einem Gen zu unterschiedlicher Symptomatik führen. Die Mutation eines Gens, dessen Genprodukt nur in bestimmten retinalen Zellen vorhanden ist, kann sekundäre Auswirkungen auf benachbarte Zellen haben. Bei einer Retinitis pigmentosa induziert eine Mutation z.B. des Rhodopsin-Gens initial eine Dystrophie der Stäbchen. Sekundär kommt es auch zum Funktionsverlust der Zapfen, obwohl Rhodopsin nicht in den Zapfen exprimiert wird.
    • Bisher ist unbekannt, wie die Ausprägung von Netzhautdystrophien bei Vorhandensein bestimmter Genmutationen reguliert wird. So können sich auch innerhalb einer Familie stark unterschiedliche Verlaufsformen desselben Krankheitsbildes finden. Denkbar sind einerseits Einflüsse anderer Gene, aber auch Umweltfaktoren.
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    Pathophysiologie: Umweltfaktoren

    • Es ist zu erwarten, dass verschiedene Umweltfaktoren die Ausprägung von genetischen Erkrankungen modulieren. Allerdings konnte bis heute keine sicheren Effekte nachgewiesen werden. Dies hängt sicher auch damit zusammen, dass die verschiedenen Umwelteinflüsse so variabel ist, dass nur wenige Parameter sinnvoll untersuchbar sind.
    • Hinweise für die Wirkung von Umweltfaktoren zeigen große Studien bei der altersabhängigen Makuladegeneration: Hier ist in verschiedenen Bevölkerungsgruppen das Rauchen als Risikofaktor für eine wahrscheinlich genetisch prädisponierte Errkankung nachgewiesen worden.
    • Gerade bei Umweltfaktoren liesse sich eine Beeinflussung von Krankheitsverläufen theoretisch gut vornehmen: Durch Vermeidung von Risiken, Einhaltung einer bestimmten Ernährung oder Einnahme bestimmter Nahrungsergänzungsstoffe. Leider lassen die bisherigen Ergebnisse keine Empfehlungen dazu aussprechen.
    • Dies liegt auch daran, dass es offenbar für bestimmte zuzuführende Substanzen im Körper bestimmte Transportproteine (z.B. Vitamin A, wahrscheinlich auch Lutein, Zeaxanthin) gibt. Abhängig von diesen Transportproteinen ist die Kapazität einzelner Menschen, Substanzen aus der Nahrung aufzunehmen unterschiedlich. Hier spielen Umwelteinflüsse und genetische Gegebenheiten auf noch unbekannte Art und Weise zusammen.
    • Aus ähnlichem Grund läßt sich auch die Bedeutung einer Lichtexposition für die Krankheitsentwicklung nicht sicher ermessen. bekannt ist von Tiermodellen, dass Licht in bestimmten Umständen toxische Wirkungen entfalten kann. Unbekannt ist, inwieweit dies beim menschen von Bedeutung ist.

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    Klinisch-pathophysiologische Korrelate

    • Stäbchenerkrankung
      • Nachtsehstörung
      • periphere Gesichtsfeldausfälle
    • Zapfenerkrankung
      • Blendungsempfindlichkeit
      • Visusminderung
      • Farbsinnstörung
      • zentrale Gesichtsfeldausfälle
    • Makula:
      • Aufgrund der Sehschärfe und der Farbwahrnehmung ist die normale Funktion der Makula von entscheidender Bedeutung für das tägliche Leben und die berufliche Tätigkeit. Wegen dem geringen Anteil an der Gesamtzahl der Photorezeptoren sind Ganzfeld-ERG und EOG bei Erkrankungen der Makula nicht selten normal. Mit dem Muster-ERG und dem multifokalen ERG lassen sich makuläre Funktionsstörungen sensitiv erfassen.
      • Die Makula ist relativ zur peripheren Netzhaut im okzipitalen Kortex überrepräsentiert, gleichzeitig liegen diese Kortexareale am weitesten okzipital. Unter der Voraussetzung von klaren okulären Medien und einer normaler Sehbahn sind strukturierte Reize mit Ableitung visuell evozierter Potentiale über dem okzipitalen Kortex (Muster-VEP) ein sensitiver Indikator für die Makulafunktion. Demgemäß ist das Muster-VEP nicht geeignet, Aussagen über periphere Netzhautbereiche zu treffen

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  4. Kurze Einführung in die Genetik
  5. Betreuung der Patienten
  6. Diagnostik
  7. Fragen der Klassifizierung
  8. Generalisierte Netzhaut-Aderhautdystrophien
  9. Regional begrenzte Netzhaut-Aderhautdystrophien
  10. Syndrome mit Netzhaut-Aderhautdystrophien
  11. Stationäre Netzhautfunktionsstörungen
  12. Hereditäre vaskuläre Netzhauterkrankungen
  13. Hereditäre Optikusatrophien
  14. Altersabhängige Makuladegeneration (in Vorbereitung)
  15. Differenzialdiagnosen zu Netzhaut-Aderhautdystrophien
  16. Hinweise zu Entstehung und Hintergrund des Textes
  17. Index der Krankheitsbegriffe