Alphabetischer Index der Augenkrankheiten
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M. Stargardt
Einige Autoren grenzen vom Befundkomplex M. Stargardt mit Fundus flavimaculatus eine progressive atrophische Makuladystrophie (M. Stargardt ohne Fundus flavimaculatus) sowie einen Fundus flavimaculatus ohne Makuladystrophie ab. Diese Einteilung ist molekulargenetisch nicht sinnvoll.
- Synonym: Fundus flavimaculatus
- Englisch: Stargardt disease
- HÀufigkeit: hÀufig
- Genetik:
- Autosomal rezessiv (hĂ€ufig): Mutationen im ABCA4-Gen (frĂŒher ABCR-Gen, STGD1)
- Autosomal dominant (sehr selten): Mutationen im ELOVL4-Gen (frĂŒher: STGD3, umfaĂt auch STGD2), weitere chromosomale Genlokalisationen: STGD4
- Mutationen im ABCA4-Gen können möglicherweise die Schwere der KrankheitsausprÀgung bei Mutationen im ELOVL4-Gen erhöhen
- Symptomatik:
- Beginn meist in den ersten zwei Lebensdekaden mit bilateralen, in einigen FĂ€llen innerhalb weniger Monate rasch progredienten Visusverlust
- Nach initialer Visusminderung weiterer Verlauf in der Regel wenig progredient
- SpÀtere Manifestationen mit langsamerer Progression nicht selten
- Morphologie:
- Ophthalmoskopie:
- Im FrĂŒhstadium nur eine VerĂ€nderung der Foveolarreflexe
- Im Verlauf zentrale Pigmentepitheldestruktionen bis hin zur SchieĂscheibenmakulopathie
- In SpÀtstadien ausgeprÀgte Pigmentepitheldefekte oder geographische Atrophien
- Gelbliche, unscharf begrenzte und unregelmĂ€Ăige Flecken (Fundus flavimaculatus) bestehen in sehr variabler AusprĂ€gung, diese verĂ€ndern sich in Lage, Form und AusprĂ€gung im Verlauf
- Entwicklung einer choroidalen Neovaskularisation in SpÀtstadien möglich
- Fundusautofluoreszenz:
- Fleckförmige VerÀnderungen besser als klinisch nachweisbar
- Oft erhöhte Autofluoreszenz, jedoch sehr variable Befunde
- Fluorescein-Angiografie:
- frĂŒh zentrale Hyperfluoreszenzen und hĂ€ufig fehlende Aderhautfluoreszenz am hinteren Pol (dark choroid). Die gelblichen Flecken zeigen entweder keine oder eine irregulĂ€re Fluoreszenz.
- Notwendig bei Verdacht auf eine choroidale Neovaskularisation
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: progrediente Reduktion auf ca. 0,1
- Farbensehen: ausgeprÀgte unspezifische Störungen
- Gesichtsfeld: relative oder absolute zentrale Skotome, peripher normal
- Ganzfeld-ERG: in der Regel normal oder nur gering verÀndert
- Multifokales ERG: schon im FrĂŒhstadium zentrale Amplitudenreduktionen ohne wesentliche GipfelzeitverĂ€nderungen. Dies ist von Bedeutung, weil bei Kindern ohne oder mit sehr geringen morphologischen VerĂ€nderungen die Gefahr besteht, eine psychogene Sehstörung zu diagnostizieren.
- EOG: normaler oder leicht reduzierter Hellanstieg
- Adaptometrie: in der Regel normal
- Histologie:
- Diffuse Einlagerung abnormalen Lipofuszins in des retinale Pigmentepithel, fokale Hypertrophie von Pigmentepithelzellen, zentraler Verlust von Pigmentepithelzellen und Photorezeptoren
- Therapie:
- Keine kausale Therapie
- Vermeidung ĂŒbermĂ€ssiger Vitamin A Zufuhr (keine Vitamin A haltigen NahrungsergĂ€nzungsmittel)
- AbhĂ€ngig von der Visusminderung vergröĂernde Sehhilfen
- Bei choroidaler Neovaskularisation entsprechend der Lage Therapie mit Laser, photodynamischer Therapie oder Anti-VEGF-Medikementen intravitreal
- Besonderheiten:
- Es ist in der Literatur umstritten, ob der 'dark choroid' Voraussetzung fĂŒr die Diagnose eines M. Stargardt ist. Fehlende Aderhautfluoreszenz wurde auch bei anderen Netzhaut-Aderhautdystrophien beschrieben. Diese Frage wird sich nur in groĂen klinisch-molekulargenetischen Analysen klĂ€ren lassen.
- Ein Fundus flavimaculatus kann auch ohne Funktionsstörungen ĂŒber viele Jahre sichtbar sein
- AbhĂ€ngig von der Art der Mutationen in den beiden Allelen des ABCA4-Gens ist die AusprĂ€gung der Funktionsstörung variabel, in schweren FĂ€llen können klinische und funktionelle VerĂ€nderungen wie bei Zapfen-StĂ€bchendystrophie oderRetinitis pigmentosa auftreten. Dabei fĂŒhren zwei Mutationen mit schwerer FunktionsbeeintrĂ€chtigung des Genprodukts zu einer Retinitis pigmentosa (ca. 2% aller Retinitis pigmentosa FĂ€lle), eine schwere und eine leichtere Mutation zu einer Zapfen-StĂ€bchendystrophie (wahrscheinlich hĂ€ufigste Ursache der autosomal rezessiven Zapfen-StĂ€bchendystrophie). Zwei Mutationen mit mĂ€Ăiger FunktionsbeeintrĂ€chtigung der Genprodukte induzieren einen M. Stargardt. FlieĂende ĂbergĂ€nge zwischen allen klinischen Manifestationen sind möglich. Nicht abschliessend geklĂ€rt ist, ob heterozygote TrĂ€ger bestimmter ABCA4-Gen-Mutationen ein erhöhtes Risiko fĂŒr die Entwicklung einer altersabhĂ€ngigen Makuladegeneration haben.
- Eine wichtige Differenzialdiagnose mit vergleichbaren FundusverÀnderungen und funktionellen Störungen ist der juvenile Typ der neuronalen Ceroid-Lipofuszinose (Spielmeyer-Vogt-Sjögren oder Batten-Mayou). Bei diesem Typ der neuronalen Ceroid-Lipofuszinosen gehen die okulÀren Symptome im Alter von ca. 6 Jahren den neurologischen VerÀnderungen voraus. Das ERG ist reduziert im Gegensatz zum M. Stargardt.
aktualisiert: 2006-02-11